Tewje, Der Milchmann: Roman by Alejchem Scholem

Tewje, Der Milchmann: Roman by Alejchem Scholem

Autor:Alejchem, Scholem [Alejchem, Scholem]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fiction, General, Erzählung, © ngiyaw eBooks für diese Ausgabe (aus der ehemaligen eBook Bibliothek übernommen)
ISBN: 9783717520061
Google: sW6wAAAACAAJ
Herausgeber: Manesse Verlag
veröffentlicht: 1959-01-01T23:00:00+00:00


»Nein«, sagt Pfefferl, »aber wir sind Bräutigam und Braut.«

– »Was heißt«, sage ich, »ihr seid Bräutigam und Braut?« – »Ihr wißt nicht«, sagt er, »was Bräutigam und Braut heißt? Es heißt, daß ich ihr Bräutigam bin und sie meine Braut ist.« So sagt Pfefferl zu mir und blickt mir gerade in die Augen. Aber auch ich blicke ihm gerade in die Augen und sage: »Wann war bei euch die Verlobungsfeier?

Und warum habt ihr mich nicht zu der Feier geladen? Ich bin doch, glaube ich, ein Verwandter …« So scherze ich, doch es ist mir dabei gar nicht so lustig zumute. Aber Tewje ist kein Frauenzimmer, Tewje will eine Sache bis zum Ende hören. … Und ich sage ihnen:

»Ich verstehe nicht: eine Verlobung ohne einen Schadchen und ohne ein Verlobungsmahl?« – »Was brauchen wir«, sagt Pfefferl,

»einen Schadchen? Wir sind ja schon längst Bräutigam und Braut.«

–»So!« sage ich. »Das sind Gottes Wunder! Warum habt ihr bisher davon geschwiegen?« – »Warum sollten wir davon sprechen?

Wir hätten es Euch auch jetzt nicht erzählt; da wir uns aber bald voneinander trennen, haben wir beschlossen, zuvor die Chuppe zu stellen.«

Das war mir schon zuviel. Daß sie sich verlobt hatten, das konnte ich schließlich noch ertragen: Er liebt sie, sie liebt ihn – warum denn nicht. Aber gleich die Chuppe stellen – was hat das für einen Sinn? Der Bräutigam merkt wohl, daß ich etwas überrascht bin, und sagt: »Versteht Ihr, Reb Tewje, die Sache ist nämlich die, daß ich bald von hier fortreise.« – »Wann gehst du fort?« – »Sehr bald.« – »Und wo willst du hin?« – »Das kann ich Euch«, sagt er,

»nicht sagen, denn es ist«, sagt er, »ein Geheimnis.« Ihr hört? Es ist ein Geheimnis! Wie gefällt Euch das? Da kommt so ein kleines schwarzes Pfefferl daher, stellt sich als Bräutigam vor, will eine Chuppe stellen, ist im Begriff fortzureisen und sagt nicht wohin!

Soll da einem die Galle nicht heraus? »Gut«, sage ich zu ihm, »ein Geheimnis ist eben ein Geheimnis; bei dir ist alles Geheimnis. …

Erkläre mir aber, mein Lieber, folgendes: Du bist doch ein Mensch, der viel von Gerechtigkeit hält und vom Kopf bis zu den Füßen mit Menschlichkeit gesalbt ist. Wie reimt sich damit zusammen«, sage ich, »daß du dem alten Tewje eine Tochter wegnimmst, um sie gleich darauf als verlassene Frau sitzenzulassen? Das heißt bei dir Gerechtigkeit? Menschlichkeit? Es ist noch ein Glück«, sage ich,

»daß du mich nicht bestohlen und mein Haus nicht angezündet hast!«

»Vater!« sagt zu mir Hodel, »du weißt gar nicht, wie glücklich wir sind und wie wir uns beide freuen, daß wir dir unser Geheimnis erzählt haben. Es ist uns beiden«, sagt sie, »ein Stein vom Herzen gefallen. Komm her, laß dich umarmen!« Und ohne viel zu reden, fallen sie über mich her, er von der einen Seite, sie von der andern, und nun geht die Küsserei los: Sie küssen mich und ich sie. Und sie machen das so stürmisch, daß sie, wohl aus Versehen, auch einander küssen! Es ist nicht zu beschreiben, das reinste eater! »Ist es vielleicht schon genug?« sage ich.



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